Erinnerungen an die Bohème
der "Scholle" |
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Vor rund
Hundert Jahren entdeckten die Künstler das Westufer des
Ammersees und sein anmutiges Hinterland. Das
kleine Dorf Holzhausen wurde dabei zu einer Künstlerkolonie,
von der die Chronisten unserer Tage nur mit Ehrfurcht
sprechen. Zuerst erwähnen sie zumeist den Namen Thöny.
Die ländliche
Umgebung war es, die nicht nur Thöny magisch anzog. Als
ab 1919 die fünfköpfige Familie Thöny in Holzhausen
ansässig wurde, war deren
gastliches Haus bald Treffpunkt
interessanter Leute aus Kunst und Literatur. Franz von Defregger kam und auch Ludwig Thoma. Den
Anstoß zur Bildung der Künstlerkolonie Holzhausen gaben
Matthias und Anna Sophie Gasteiger, die hier seit 1902
ihren Lebensmittelpunkt hatten und - wie sollte es
anders sein - ein gastliches Haus zu führen verstanden. Gasteiger war jener Mann, der eine Reihe Münchner
Brunnen, auch das bekannte "Brunnenbüberl" am
Stachus in München, schuf. Seine Frau war als
Blumenmalerin bekannt geworden. Ihre
Ateliers errichteten am Ammersee ferner die "Scholle"
Maler Fritz Erler, Walter Georgi und Adolf Münzer.
"Mußt Deine eigne Scholle beackern, die
siebengescheiten Nachbarn laß gackern". Jugend
und Simplicissimus wurden beide im Jahre 1896 gegründet.
Erlers allegorischen Wandbilder waren zu seiner Zeit berühmt.
Viele Entwürfe entstanden in Holzhausen, wo er sich seit
1912 sein Atelierhaus erbaute. Er blieb seinen nordischen
Stilelementen treu, auch, als der Jugendstil sich überlebt
hatte und neue Richtungen aufkamen. 1940 starb er im
Alter von 72 Jahren. Wer ist
der Künstlerkolonie Holzhausen noch hinzuzurechnen? Professor
Adolf Münzer, Walter Georgi, der Graphiker und
Illustrator Paul Neu, Kurt Alexander Kühn (1880 bis 1957),
der Maler Otto Weil (1884 bis 1929), der im Jahre 1923
mit seiner zweiten Frau hier ansässig wurde. Die Malerin
Clara Ewald, die 1938 emigrierte. Ihr Haus in Holzhausen
wurde nach ihrer Flucht zeitweise als Kinderheim genutzt.
Der Maler Leopold Durm, der sich vom Einfluß der "Scholle"-Künstler
freimachte und dessen Stil sich zum Monumentalen wandelte.
Der
Bildhauer York Koertin-Fischer. Der Architekt Hans
Holzbauer (1898 bis 1939), der seit 1933 in Holzhausen
wohnte und dort beerdigt wurde. Der Maler Hans-Jakob
Mann, der von 1945 bis 1960 Bürger von Holzhausen war. Sie alle
gaben dem kleinen Dorf am See über Jahrzehnte ein Flair
von Bohème. Die Atmosphäre des Holzhausener "Sonnenhofs",
wo sich das fröhliche Malervolk oft traf, ist nüchterner
geworden, die Ausstrahlung jener Tage verblaßt. Nur die
Erinnerung an die Künstlerkolonie ist geblieben.
Gert Sarring |